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Blockchain Technologie – mehr als nur Bitcoins

Wenn es um neue und mitunter kryptisch anmutende IT-Technologien geht, dann steht der Begriff „Blockchain“ meist weit oben auf der Liste. Doch was sind Blockchains wirklich? Haben sie eine praktische Relevanz, oder ist es nur ein weiteres „Buzz Word“ oder kreatives Marketing?

Bekannt wurde der Begriff Blockchain bereits Anfang der 2010er Jahre, speziell durch die sogenannte Kryptowährung „Bitcoin“1. Es gibt aber zahlreiche weitere solcher Kryptowährungen, wie zum Beispiel Ethereum, die sich schnell weltweit verbreitet haben und sehr zuverlässig funktionieren. Darüber hinaus wurden auch viele Lösungs-Szenarien und Anwendungen entwickelt, die ebenfalls auf der Blockchain Technologie beruhen, aber gar nichts mit Währungen zu tun haben.

Was ist eine Blockchain?

Eine Blockchain ist – wortwörtlich – eine Kette aus (Daten-)Blöcken, in denen Informationen gespeichert werden2. Jeder Block hat einen Vorgänger und mindestens einen Nachfolger. Der (Daten-)Inhalt der Blöcke und ihre interne Struktur kann dabei je nach Verwendungszweck sehr individuell sein. Im Vergleich zu allen klassischen Datenbanken gibt es aber entscheidende Unterschiede:

  • Die Blöcke werden prinzipiell auf allen teilnehmenden Systemen (dezentral) gespeichert, das heißt jeder Teilnehmer verfügt über Kopien aller Blöcke.
  • Die Verkettung der Blöcke und ihr Inhalt wird mit kryptographischen Verfahren abgesichert, wodurch jeder Teilnehmer die Vollständigkeit und Gültigkeit aller Blöcke erkennen kann.
  • Die Speicherung von (neuen) Daten in der Blockchain erfolgt nur durch Hinzufügen neuer Blöcke am Ende der Kette, das heißt einmal aufgenommene Blöcke werden nie mehr geändert.
  • Die Erstellung und Bestätigung neuer Blöcke sowie die Verteilung der Blöcke an die Teilnehmer erfolgt nur bei Einigkeit unter den Teilnehmern (das heißt im Konsens).
  • Es gibt dabei keine zentrale Instanz, die eine Aufsicht oder Kontrolle ausübt.

Diese Mechanismen wirken zunächst womöglich befremdlich, sind aber eigentlich gar nicht so neu: Jedes klassische Journal in der Buchführung hat schon ähnliche Merkmale. So sind zum Beispiel keine Änderungen an bereits gebuchten Vorgängen zulässig, sondern nur neue/zusätzliche Buchungen auf Basis des letzten Stands. So wird die Blockchain Technologie im englischen Sprachraum auch als „distributed ledger“ (DLT) bezeichnet, das heißt „verteiltes Kassen-/Konto-Buch“.

Wirklich neu beim Konzept der Blockchain sind hingegen die Mechanismen zur Verschlüsselung und Verteilung der Blöcke. Dies führt im Zusammenspiel dann zu erstaunlichen Eigenschaften:
Blockchains (beziehungsweise die darin gespeicherten Daten) sind extrem hoch verfügbar, können nicht unbemerkt manipuliert werden, sind unbestreitbar und transparent für alle Teilnehmer.

Wozu kann man Blockchains sinnvoll benutzen?

Die grundlegenden Eigenschaften der Blockchain Technologie haben sie einerseits zum idealen Mechanismus für dezentrale Währungen gemacht. Darüber hinaus stellt diese Technologie aber auch einen hochinteressanten „Baukasten“ für viele Anwendungen in Industrie und Handel dar:

  • Implementierung von Lieferketten in Transportwesen, Logistik und Produktion
  • Führung unzerstörbarer Journale (zum Beispiel für Grundbücher, Melderegister, Audits o.ä.)
  • oder auch: Nachweis von Eigenschaften (zum Beispiel Impfstatus) ohne Preisgabe sensibler Details

Eine Übersicht über mögliche Einsatzfelder in Wirtschaft und Finanzwesen wurde u.a. auch vom Haufe Verlag erstellt3. Die Möglichkeiten der inhaltlichen Ausgestaltung sind dabei sehr umfangreich und flexibel. Voraussetzung für die Nutzung ist aber: Die Teilnehmer müssen passende Programme ("Clients") ausführen, und diese Clients müssen untereinander Daten austauschen können („Vernetzung“).

Wie kann man Blockchains verwenden?

So wie auch bei herkömmlichen Informationstechnik (IT)-Anwendungen gibt es auch bei der Nutzung von Blockchains grundsätzlich mindestens zwei Wege:

  1. Nutzung bestehender Blockchain-Lösungen mittels „Customizing“
  2. Entwicklung (das heißt Programmierung) neuer Software auf Basis der Blockchain Technologie


Der erste Weg bietet sich meist an, wenn man eine schnelle Lösung für einen Anwendungsfall ohne besondere Anforderungen an die Vertraulichkeit der involvierten Daten hat. Es gibt hierzu eine Reihe geeigneter Blockchain-Lösungen, wie zum Beispiel die „Smart Contracts“ von Ethereum.

Der zweite Weg ermöglicht hingegen die Implementierung von individuellen Lösungen, die sehr genau an die jeweiligen Anforderungen angepasst sind. So können zum Beispiel geschlossene Benutzergruppen gebildet werden, die mit jeweils passenden Zugriffsrechten ausgestattet werden und jeweils nur bestimmte Funktionen ausführen können. Hierzu gibt es bereits Entwicklungs-Umgebungen, die eine schnelle und effiziente Erstellung von Anwendungen ermöglichen.

Eine sehr informative Übersicht für Entwickler und Anwender wird von der Linux Foundation auf den HyperLedger-Webseiten4 bereitgestellt. Die Entwicklung und Nutzung von Blockchain-Anwendungen ist dabei nicht an bestimmte Hersteller oder Betriebssysteme gebunden: Vom Mainframe Großrechner bis zum Smartphone kann nahezu jedes aktuelle System als Teilnehmer einer Blockchain-Anwendung genutzt werden.

Welche Nachteile kann die Verwendung von Blockchains haben?

Selbstverständlich haben Blockchains nicht nur Vorteile, sondern auch einige Nachteile. Eine grundlegende Problematik: Da bei der Nutzung einer Blockchain stets neue Blöcke hinzugefügt werden nimmt die Größe der Kette stetig zu – entsprechend steigt die benötigte Speicherkapazität. Das ist mit heutiger Technik zwar gut implementierbar, muss aber bei der Planung bedacht werden.

Im Zusammenhang damit sind auch die Anforderungen an die System-Performance der teilnehmenden Systeme im Durchschnitt höher als bei herkömmlichen Datenbank-Anwendungen. Dies gilt insbesondere für die Wahl eines geeigneten Verfahrens zur „Konsens-Bildung“ zwischen den Teilnehmern (Hierzu gibt es komplexe Berechnungs-Verfahren wie z.B. „Proof-of-Work“ bei der Bitcoin-Währung, aber auch sehr schlanke Verfahren wie „Proof-of-Stake“ für allgemeine Anwendungen). Und nicht zuletzt haben Entwickler und Betreiber von Blockchain-Anwendungen eine „Lernkurve“ zu meistern: Sie müssen sich in ein neues Konzept und neue Entwicklungs-Plattformen einarbeiten.

Welche Bedeutung hat die Blockchain Technologie für die weitere Digitalisierung?

Die Corona-Pandemie 2020/2021 hat uns gerade vor Augen geführt, dass es bei der Digitalisierung der Geschäftsprozesse in Deutschland noch einigen Nachholbedarf gibt5. Als eine mögliche Lösung für geeignete Anwendungsfälle können Blockchains helfen diesen Nachholbedarf schneller aufzuholen, als es zuvor vorstellbar war. Größere Unternehmen (>500 Mitarbeiter) in Deutschland haben demnach mehrheitlich schon bestehende oder konkret geplante Lösungen mit Blockchains.

Allerdings sollten in manchen Fällen auch noch gesetzliche Anpassungen umgesetzt werden, damit Rechtssicherheit geschaffen wird6. So sind beispielsweise die Verfahren zur Rechnungsstellung derzeit an bestimmte gesetzliche Vorgaben gebunden, bei denen manche der geforderten Aspekte nur schwer mit einer rein digitalen Blockchain-Lösung in Einklang zu bringen sind. Der Trend zur weiteren Digitalisierung von Betriebsabläufen wird sich ungeachtet dessen jedoch weiter dynamisch entwickeln7, und dabei werden Blockchain-Lösungen einen zunehmenden Anteil haben.

 

1 Zur Entstehung des Bitcoin vgl. das White Paper von Satoshi Nakamoto Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System. (PDF) bei bitcoin.org, Oktober 2008.
2 Eine detaillierte Beschreibung findet sich in der Wikipedia unter https://de.wikipedia.org/wiki/Blockchain.
3 Der Haufe Verlag stellt seine Sichtweise zu Blockchains im Finanzwesen hier dar: https://www.haufe.de/finance/steuern-finanzen/die-blockchain-im-finanz-und-rechnungswesen_190_496544.html, Autor: Dr. Andreas Schyra, Vorstand der PVV AG und Dozent an der FOM Hochschule, April 2021
4 Auf den Webseiten der HyperLedger Stiftung (gesponsert von der Linux Foundation) wird eine aktuelle Übersicht über Pilot-Projekte und Entwicklungs-Umgebungen geführt: https://www.hyperledger.org/.
5 Das Handelsblatt zum Nachholbedarf in Deutschland: https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/digitalisierungsindex-2020-der-mittelstand-hat-bei-der-digitalisierung-nachholbedarf-/26669538.html, Autoren Till Hoppe und Moritz Koch, 30.11.2020.
6 Der Branchenverband Bitkom fordert mehr Rechtssicherheit für den Einsatz von Blockchains: https://www.it-daily.net/it-management/digitalisierung/23332-fuer-den-blockchain-durchbruch-fehlt-es-an-rechtssicherheit, Redaktion it-daily.net, 29.02.2020.
7 Studienbericht „Blockchain in Deutschland – Einsatz, Potenziale, Herausforderungen“ des Branchenverbands Bitkom aus 2019 https://www.bitkom.org/sites/default/files/2019-06/190613_bitkom_studie_blockchain_2019_0.pdf, S. 17 ff.

 

Jörg Stettner, SBDW Partner

Beitrag: Jörg Stettner, Berater bei der Interessengemeinschaft SENIOREN BERATEN DIE WIRTSCHAFT (IG SBDW)

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